
Wegsehen ist keine Option!
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Manchmal zeigt uns das Leben Schicksale, die uns tief im Herzen berühren und uns vor schwierige Entscheidungen stellen. Dies ist die Geschichte einer Seele, die fast an menschlicher Grausamkeit zerbrochen wäre - und wie Mut, Mitgefühl und der Glaube an das Gute etwas bewegen können.
Vielleicht bist du auch schonmal in eine Situation gekommen, in der du es als ungerecht empfunden hast, wie ein Hundebesitzer seinen Vierbeiner behandelt? Natürlich muss man immer abwägen - war das Verhalten des Besitzers rein situativ bedingt oder geht es dem Hund wirklich akut schlecht, ist er gar in Gefahr?
Ich war in so einer Situation, ganz ungewollt, ganz zufällig. Plötzlich hatten wir beim Gassigehen immer einen Schatten. Ihre Augen sprachen Bände, auch wenn sie schwieg. Jedes Mal, wenn ich die Ausreißerin schweren Herzens nach hause zurück brachte, spürte ich, wie ein Stück mehr in ihr zerbrach. Und in mir auch.
Es ging ihr schlecht, sie war nicht gewollt. Sie wollte fliehen, suchte Anschluss, Auslastung, Verständnis und Liebe.
Entgegen aller Warnungen aus meinem Umfeld beschloss ich, zu handeln. Mit meiner Entschlossenheit schwangen aber auch immer die Angst darüber, was kommen und das Entsetzen darüber, was bereits geschehen war, mit. An dieser Stelle könnte ich erzählen, was ich gesehen habe, wie sehr sie leiden musste. Mir treibt es allein bei dem Gedanken und in diesem Moment wo ich diese Worte schreibe, wieder die Tränen in die Augen. Fakt ist, dass Hunde so unglaublich liebevolle, verzeihende Geschöpfe sind und Menschen so unheimlich grausam sein können.
Ich begann mit heimlicher Fütterung, Entfernung von Dutzenden von Zecken, Ratsuchen beim Veterinäramt. Ich suchte das Gespräch mit ihrem "Zuhause", bot Hilfe bei der Vermittlung an, durfte sie abholen und Bilder von ihr machen. Dann überschlugen sich die Ereignisse, für mich begann ein Wettlauf gegen die Zeit, fast wäre sie gestorben. Es sah nicht gut für sie aus. Sie war zu diesem Zeitpunkt vielleicht 1,5 Jahre alt. Ich holte Hilfe, sie nahmen sie mit. In diesem Moment schossen mir tausend Gedanken durch den Kopf: Warum hast du nicht schon früher mehr getan? Was ist, wenn sie stirbt? Wieso hat jeder andere weggesehen? Wie geht es jetzt weiter? Was kommt auf mich und meine Familie zu?
Ich telefonierte in den nächsten Tagen mehrfach mit dem Veterinäramt, versuchte etwas über ihren Zustand herauszufinden. Sie war in einer Auffangstation für verletzte, herrenlose Tiere untergebracht und wurde engmaschig veterinärmedizinisch versorgt. Dort bekam ich zum Glück ein paar Informationen. Ihre Diagnose zu hören, war wie in einem Alptraum zu stecken, der Realität wird, ihre Prognose - niederschmetternd.
Und doch bewies sie einen Überlebenswillen, der alle überraschte. Mit der richtigen Pflege und viel Aufopferung begann sie langsam, sich zu erholen. Schließlich fand sie eine neue Familie, die ihr nicht nur ein Zuhause schenkte, sondern auch die Liebe, die sie so sehr verdient hatte. Und jetzt denkt ihr "Zu schön, um wahr zu sein!"? - dachte ich auch!
Aber ein Jahr später kreuzten sich unsere Wege, als ich zufällig mit meinem Zwergkaninchen zum Tierarzt musste und plötzlich die vertrauten Augen sah - aber diesmal leuchteten sie vor Lebensfreude. Ich lernte ihre wunderbare neue Besitzerin kennen und stehe nun in regelmäßigem Kontakt, bekomme Bilder und darf teilhaben. Mein Herz hat an diesem Tag einen Satz gemacht.
Diese Geschichte erinnert mich jeden Tag daran, dass Wegsehen keine Lösung ist. Jedes Leben zählt und manchmal braucht es viel Mut, hinzusehen und zu handeln. Es mag nicht immer einfach sein, aber es lohnt sich - für die stumme Seele, die endlich gehört wird und für uns selbst, die wir lernen, was Mitgefühl wirklich bedeutet.